Test Can-Am Outlander 450 L


Outlander-L-450_quadjournalCan-Am präsentiert ein neues Modell für das gehobene Einsteigersegment. Die Outlander 450L. Für einen Preis von etwa 7.500 Euro inklusive der LOF-Zulassung macht sie die Marke für viele Einsteiger und/ oder Umsteiger sehr interessant. Wie es mit dem Can-Am Image der Sportlichkeit des neuen ATVs aussieht klärt der Test.

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In 2003 stellte man noch unter der alten Markenbezeichnung Bombardier die Outlander 400 vor. In 2014 kommt die Can-Am Outlander 450L auf den Markt und ersetzt ihre Vorgängerin nach dem Modell 400i (i= elektronische Benzineinspritzung) endgültig.  Geboten wird ein attraktiver Einsteigerpreis, das neue G2-SST-Chassis, eine 5 Jahres Garantie (nur für das Modell 450L/ 500L im Zeitraum des Kaufes bis zum 31. Januar 2015) und ein neuer Rotax Motor. Das Aussehen ähnelt im Großen und Ganzen dem der größeren Outlander ATV-Modellen. Um den für Can-Am vergleichsweise günstigen Endkundenpreis realisieren zu können, hat man die Produktion nicht nur nach Mexiko ausgelagert, sondern auch bei vielen Komponenten gespart. Zaubern kann man auch im Can-Am Headquarter im kanadischen Valcourt nicht. Was es mit dem ‚L‘ bei der Modellbezeichnung auf sich hat, bleibt der eigenen Fantasie überlassen. Lighter, Less, Lower sind nur einige der Optionen.

Motor
In der Outlander 450L kommt der neue 427 ccm große Rotax Einzylinder zum Einsatz. Er ist flüssigkeitsgekühlt und mit elektronischer Benzineinspritzung versehen. Die Leistung liegt bei 28,5 kW – das sind umgerechnet 38,7 PS (Messergebnis Kalifornische Umweltbehörde 2014 direkt am Motorausgang zur Antriebswelle). Das Leergewicht liegt bei 308 kg. Das Triebwerk wird mittels E-Starter zum Leben erweckt. Der anschließende blecherne Sound erinnert sofort an das Vorgänger Modell Outlander 400. Die Leistung nicht. Die setzt sich beim ersten vollen Gasschub am Daumengas der 450L sportlich nach vorne um. Hier geht was und das trotz – oder sollte man sagen: wegen – der nur 427 Kubik Hubraum, die aber stolze 38 PS produzieren. Das relative geringe Leergewicht sowie die leichten Reifen tun ihr übriges. Das ATV beschleunigt spontaner und aktiver als man das gemeinhin von einem Motor dieser Größe erwartet hätte. Spaßfahrten mit sportlichem Touch sind so im Gelände ohne weiteres möglich.
Auf der Straße ist diese „Einsteiger-Outlander“ alles andere als langsam bzw. ein Hindernis. Über Asphalt sind 85 km/h schnell erreicht – der Reifendruck betrug bei den Messungen 0,5 bar. Anschließend kämpft der Einzylinder Rotax aber je nach Fahrergewicht und -umfang (CW-Wert) mehr oder weniger bis er den Topspeed von 100 km/h erreicht hat. Weht es ein wenig von hinten so sind auch mal 103 km/h nach GPS-Messung drin. Erwähnenswert sind die Carlisle Trail Wolf Reifen in diesem Zusammenhang. Die laufen auf trockener wie nasser Straße erstaunlicherweise mit viel Gripp und ohne Schlagen durch Unwucht. Letztere ist durch Gewichte in der Felge eliminiert.

Fahrverhalten
Schnell sein ist schön und gut aber lässt sich die Geschwindigkeit in diversen Fahrsituationen sicher beibehalten? Dieser Frage sind wir im Test bei vielen Kurvenfahrten – schnell und langsam – nachgegangen. Gleiches gilt für die Frage wie gut und ohne
Zicken das ATV auf der Straße geradeaus rollt.
Schon beim Aufsitzen merkt man: man thront auf dem ATV. Die Sitzhöhe liegt bei 85,8 cm. Beim Aufsitzen sinkt man fast zehn Zentimeter tiefer in den Schaumstoff hinein. Damit liegt der Schwerpunkt inklusive aufgesessenem Fahrer nicht besonders hoch. Die große Fahrzeugbreite, der Stabilisator an der Hinterachse sowie nicht allzu soft geratene Federelemente bringen eine gute Stabilität während der Fahrt. Körpergewichtsverlagerung ist bei schneller Kurvenfahrt – besonders mit kleinem Radius – dennoch angeraten. So behält man die Kontrolle auch dann, wenn das ATV kurz vorne einknickt. Und das tut es aufgrund der Einzelradaufhängung technische bedingt. Das innere Hinterrad hebt dabei kurzzeitig vom Boden ab.
Das von uns getestete Modell war mit der Can-Am Servolenkung DPS ausgestattet. Erkennbar ist diese Version an den Alufelgen gegenüber Stahlfelgen am Modell ohne DPS. Drei Modi gibt es, wie das DPS Lenkerbewegungen unterstützt: Minimum, Medium und Maximum. Im Test haben wir die meiste Zeit die mittlere Lenkunterstützung abgerufen. Die bügelt nicht nur Schläge in der Lenkung zum größten Teil aus – verursacht durch den befahrenen Untergrund –  sondern unterstützt auch bei rasanten Kurvenfahrten. Der Kraftaufwand zum Lenken ist stark minimiert. Es fällt damit wesentlich einfacher, das ATV bei schneller Kurvenfahrt sicher zu steuern und auf einem stabilen Kurs zu halten als das ohne DPS der Fall wäre. Kein Wunder also, dass ich das Testmodell ohne plötzliche Ausbruchsversuche gutmütig „einfangen“ und bei schnellem Lastwechsel und/ oder bei schnellen Wechseln in der Fahrtrichtung pilotieren lässt.
Die Sitzposition ist aufrecht, alle Schalter und Bedieneinheiten lassen sich gut erreichen. Das Tachoinstrument ist übersichtlich gehalten. Kritik gibt es für die hakelige Schaltkulisse. Die Anbringung dieser direkt unter dem Daumengas ist eher suboptimal. Es besteht die Gefahr mit dem Unterarm beim Schalten das Daumengas unabsichtlich zu erwischen. Die Sitzbank ist komfortabel, die Knie finden guten Halt in den Kunststoffaussparungen am Luftfilterkasten. Der lässt sich nach Abnahme der Sitzbank und eines Kunststoffschutzes schnell zur Kontrolle bzw. Reinigung öffnen. Das Bordwerkzeug ist ebenso schnell unter der Sitzbank greifbar. Und das ist auch gut so, wie es sich rasch beim deftigen Offroaden zeigen soll.

Geländeritt
Bergauf, bergab geht es im aufgeweichten Testgelände. Gute Motorbremsfunktion, Bodenfreiheit und das seit einigen Jahren überarbeitet Visco-Lok Sperrdifferential (Allradantrieb Can-Am), das spontaner bei Bedarf anspricht, arbeiten Hand in Hand. Die Outlander 450L ist genauso geländegängig wie ihre großen Schwestern – wenn nicht sogar ein wenig mehr, da man mit ihr weniger Gewicht zu wuchten hat. Eine leichtere, beschwingtere Fahrweise ist das Resultat.
Die schon auf der Straße überzeugenden Trail Wolf Reifen beißen mit viel Gripp in den nassen Boden und sorgen bei den vielen Auf-und Verschränkungenfahrten für guten Vortrieb – auch ohne zugeschaltetes Visco-Lok. Und dann kommt der große Augenblick des Bordwerkzeuges. Bei der ersten tieferen Wasserdurchfahrt – die Trittbretter links und rechts sind handbreit unter Wasser – passiert es. Das CVT-Automatikgetriebe hat einen Wassereinbruch, der Riemen dreht durch und nur mit Mühe unter Vollgas schafft es das ATV ans „rettende Ufer“. Mit dem Schraubendreher lässt sich die etwas knifflig sitzende Ablassschraube öffnen. Eine schwarze Brühe läuft aus dem CVT-Kasten. Das ATV ist nun wieder für weitere Testfahrten einsatzbereit.
Später stellt sich bei genauerer Überprüfung heraus, dass die Dichtung direkt unten am Kasten nicht richtig bei der Werksmontage befestigt wurde.

Bei schnellem Geländeritt arbeitet das Federpaket gut, selbst der ein oder andere kleine Sprung sind drin, ohne dass das Fahrwerk durchschlägt. Die TTI-Bauweise der Hinterradaufhängung sorgt auch bei hohem Speed ständig für ein gut und sicher zu kontrollierendes Fahrverhalten.

Insgesamt sind drei Scheibenbremsen bei der 450L verbaut. Zwei vorne, eine hinten. Jede Bremsscheibe wird durch doppelte Bremskolben abgestoppt. Und das ist am guten Bremsverhalten aus allen Geschwindigkeiten der Outlander 450L abzulesen. Ein wenig fehlt das Gefühl des Bremspunktes. Man muss mit Kraft am Bremshebel, der integral auf alle drei Scheiben gleichzeitig wirkt, ziehen. Beim Fußbremshebel verhält es sich ähnlich.

Fazit
Mit dem Modell Outlander 450L eröffnet Can-Am einer neuen Käuferschicht den Zugang zu seiner Modellpalette. Besonders für Einsteiger und Umsteiger ist dieses Modell interessant. Es bietet alles das, wofür die Marke Can-Am steht. Sportlichkeit. Angefangen vom neuen Rotax Motor mit 38 PS bis hin zum Fahrwerk, das schnelle Fahrten im rauhen Gelände locker wegsteckt. Vergleichbare Modelle taiwanischer Hersteller haben in Punkto Agilität deutlich das Nachsehen – und preislich ergibt sich kaum ein Unterschied. Eine Probefahrt mit der neuen Outlander lohnt auf alle Fälle vor dem endgültigen Entscheidungsprozess. Wenn dieser noch vor dem 31. Januar 2015 fällt gibt es als Bonus eine 5-jährige Garantie dazu.●

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