Can-Am Maverick X ds Turbo 121 PS

 

Maverick-X-ds-Turbo_quadjournalAlle Bilder zum Test gibt es hier: LINK

Der PS-Wettstreit bei den Side-by-Sides erreicht mit dem Maverick X ds von Can-Am eine neue Dimension. Angesagt sind 121 PS aus zwei Zylindern. Und die werden durch einen Turbo unterstützt. Anschnallen und Festhalten wird unbedingt empfohlen.

Zur Verfügung stellt Günther Voit, Geschäftsführer der Zweirad Voit GmbH in Sandelzhausen einen seiner Maverick (dt. Rebell) Turbo Vorführmodelle. Während ich mich umziehe läuft sich der Zweizylinder mit 976 ccm Hubraum und 121 PS tief blubbernd auf dem Außengelände warm. Das klingt verheißungsvoll und gleichzeitig etwas furchteinflößend. Nach dem Einsteig-Netz-schließ-Anschnall-und-orientier-Prozedere im Maverick fahre ich los. Die Sicht, das fällt als erstes auf, ist nach vorne eingeschränkt. Die futuristisch anmutende Stealth-Tarnkappen-Jäger Kunststofffronthaube versperrt den Blick auf den Raum direkt vor dem Fahrzeug. Vorausschauende Fahrweise beim Rangieren und im Gelände ist erforderlich.
Zunächst geht es aus der Ortschaft Richtung Hinterland. Der Motor faucht schon jetzt hinter mir so als ob er nur darauf wartet, von der Leine gelassen zu werden. Das Ortsschild kommt in Sicht und ich tue dem Maverick (endlich) den Gefallen. Ich trete das Gaspedal voll durch. Ein Kick drückt mich als Antwort sofort in den Sportsitz. Olala, denke ich und wiederhole das Vollgasgeben bei verschiedenen Geschwindigkeiten immer wieder mit dem gleichen Ergebnis. Katapult wäre wohl der passendere Name für dieses Gefährt gewesen. Ich entdecke die LED-Anzeige im doppelten Rundcockpit. ‚Eco‘ steht da mit grünen Lettern geschrieben. Es ist höchste Zeit den „Nachbrenner“ des Maverick zu zünden, sprich auf den Sportmodus umzuschalten. Was jetzt kommt stellt das bisherige Fahrerlebnis in den Schatten. Der X ds – steht die Abkürzung ‚ds‘ etwa für Donnerschlag, denn was jetzt im Sportmodus folgt trifft mich wie ein solcher und das Beschleunigungserlebnis lässt sich kaum anders beschreiben – schießt wie ein gezündete Rakete mit entsprechender Soundkulisse nach vorne. Während des Beschleunigungsfeuerwerks gelingt es mir nicht, mich zu entscheiden was lauter ist, der Motor oder die Wind-Fahrgeräusche in der nach allen Seiten offenen Fahrerkabine. Jedenfalls: Der Maverick taucht beim ersten Fußgasschub kurz nach hinten weg, um gleich mit einer derart brachialen Gewalt das Fahrzeug samt Piloten nach vorne zu katapultieren, dass man kaum Zeit hat, sich an die per Schild angezeigten Geschwindigkeit zu halten – vielleicht passt der Name Maverick, was auch übersetzt ins deutsche Rebell heißen kann, doch ganz gut. Apropos gut. Gut dass die 70km/h-Beschränkung gleich hinter der nächsten Biegung wieder aufgehoben wird. Der Blick auf den Tacho verrät ganz schnell: wo 130 draufstehen sind auch 130 drin. Bis zum Tachonadelanschlag habe ich den Rebell beschleunigt. Der kann wohl noch mehr doch ganz geheuer ist mir auf der schmalen Straße die Geschwindigkeit noch nicht. An die Abmaße muss ich mich sowieso etwas gewöhnen. Nach weiteren etlichen Kilometern Gasgeb-Brems-Orgien fahre ich rechts ran, um den Puls und das Adrenalin wieder etwas zu stabilisieren. Der ausgekühlte und sich wieder mit Blut füllende Kopf unter dem gut durchlüfteten Crosshelm dankt es mir ebenso. Ich hätte wohl doch besser den Integralhelm aufgezogen. Egal, es ist Zeit eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Alles was ich bisher an ATVs und auch sportlichen Side-by-Sides gefahren habe kommt dem Turbo Maverick nicht gleich. Es ist ein Wahnsinn wie dieses Fahrzeug durch die Landschaft scheucht. Kein Wunder, der Maverick besitzt ein Drehmoment von 130 Nm bei 6000 U/min. Der ärgste Mitbewerber Polaris RZR XP 1000 schafft maximal 95 Nm bei 7500 U/min. Schon vom Start weg liegen beim Maverick 80 Nm (3000 U/min) an. Zum Vergleich nochmals der Polaris RZR XP 1000: 58 Nm bei gleicher Drehzahl. Das sind 38% mehr Motorkraft für den Can-Am Maverick, die von unten her beim Losfahren zum „Anschieben“ zur Verfügung stehen.

Auf dem Rückweg schenke ich besonders dem Fahrwerk auf Asphalt als auch den Bremsen mehr Aufmerksamkeit. Schon auf dem Hinweg habe ich mich keine Sekunde unsicher gefühlt. Jetzt teste ich es genauer in engen wie weiten Kurven aus. Das Side-by-Side liegt zwar nicht wie das sprichwörtliche Brett auf der Straße doch die Breite lässt viel Fahrsicherheit aufkommen. In schnellen und gleichzeitig engen Kurven knickt das UTV hinten ein, das kurveninnere, vordere Rad hebt leicht ab – typisch für die Einzelradaufhängung bei ATVs und UTVs. Im Hinterkopf muss man sich bei der Straßenhatz folgendes behalten: das Fahrzeug wurde für den Offroadsport konzipiert. Asphaltstraßen kamen in den Vorgaben an die Ingenieure nicht vor. Dennoch meistert der Maverick diesen Untergrund mit Bravour.

Aus verschiedenen Geschwindigkeiten unternehme ich Vollbremsungen. Die kann man auf kurzer Strecke bei dem Beschleunigungspotential recht schnell hintereinander setzen. Um es kurz zu machen: etwas mehr Giftigkeit hätte ich mir von den vier groß dimensionierten Scheibenbremsen gewünscht. Naja, vielleicht haben die Probefahrt-Fahrer vor mir auch eher auf dem Gas als auf der Bremse gestanden und die Bremsen müssen erst weiter eingebremst werden. Natürlich kommt die Fuhre beim festen Tritt auf das Bremspedal zum Stehen doch leichtes Antippen, wie beim Gaspedal, reicht nicht aus.

Für die Fotos übernimmt nun Günther Voit den Maverick. „Günther, mach mir Angst“ sage ich noch so aus Spaß – und Günther legt los. Dass er mit diesem UTV vertraut ist merkt man schon bei der ersten Kehre. Umschmeißen? Ein Fremdwort bei der Kurvenhatz die jetzt folgt. Sicher pendelt der Maverick beim Gasgeben auf und ab, in den Kurven von links nach rechts und umgekehrt. Seefest sollte man bei dieser Fahrweise auf jeden Fall sein, denke ich mir so. Trotz der bemühten Versuche Günthers verweigere ich mich, am Angstgriff vorne oder in der Mittelkonsole festzuhalten. Der Gurt und vor allem die tiefen Sportsitze  bieten viel Halt für den Körper. Im Gelände, vor allem wenn man kurze oder lange Wellen mit Speed nimmt, ist Festhalten aber angesagt. Man bekommt nur so die ungewollten Körperbewegungen unter Kontrolle. Noch besser würde es mir allerdings gefallen, wenn man sich bei Can-Am für einen serienmäßigen „Hosenträger“ Fünf-Punkt-Gurt – entscheiden könnte. Zumindest im markeneigenen Zubehörarsenal sollte der sich wiederfinden.

Auf schmalen Pfaden zwischen Bäumen hindurch oder auf weiten Schotterstraßen marschiert der Maverick exakt auf die Lenkung reagierend. Die ist unterstützt durch die dreistufige Lenkunterstützung. Can-Am nennt sie DPS. Während der Fahrt lassen sich die Stufen Minimum, Medium und Maximum einstellen – je nach Fahrerwunsch. Hat der Maverick bereits beim Kurvenwedeln auf Asphalt überzeugt, hier im Gelände ist er in seinem wahren Element. Auf Schotter übersteuert das Gefährt ein wenig, bricht bei brachialer Fahrweise über die Hinterräder aus. Den Drifter freuts und Günther gibt auf der Piste mächtig Gas.

Fazit
Die 121 PS sind beim neuen Can-Am Maverick X ds eine wahre Kampfansage. Die explosionsartige Beschleunigung wird durch den Einsatz des Turboladers weiter angeheizt. Der Maverick überzeugt mit seinem Fahrverhalten, seiner Kurvenstabilität und seiner Federung, die in allen Stufen verstellbar ist. Die Verarbeitung ist in dem Side-by-Side Bereich als hochwertig anzusehen. Bei all dem Power-Equipment vermisst man aus Sicherheitsgründen allerdings einen serienmäßigen Fünf-Punkt-Gurt.●

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.