Test Arctic Cat 350 4×2

Quad-Vermietfahrzeuge haben es nicht leicht. Sie müssen robust und gleichzeitig einfach zu pilotieren sein. Kommt es zu Schäden ist die kostengünstige Reparatur ein Augenmerk für jeden Vermieter. Besonders für Anfänger, die noch nie ein Quad gefahren sind, macht es keinen Sinn, großhubige, PS-starke Fahrzeuge für den ersten Ausritt bereitzustellen. Weniger ist mehr. Ein ATV, das die Anforderungen dieser Kategorie erfüllt, ist das Modell 350 von Arctic Cat. Bei der Vermietstation von Frank Kreißl in Butzweiler bei Trier (Direkt-Link hier klicken) haben wir dieses Fahrzeug einem Fahrtest besonders mit dem Augenmerk auf potentielle Mietkunden, die keine oder nur geringe ATV-Fahrerfahrung haben, unterzogen.

Bilder vom Test HIER ab Seite 12

 

Viele Hersteller bauen ihr Fahrzeugportfolio kubikmäßig immer weiter nach oben aus. Großer Hubraum ist eben ‚In‘. Arctic Cat ging im letzten Jahr einen anderen Weg und bietet so seinen Kunden im Einsteigersegment mit dem Modell 350 ein interessantes Fahrzeug an. Das haben auch Quad Vermietstationen erkannt. Das 350er wird auf den taiwanischen Produktionsstraßen von Kymco gefertigt. Das Joint Venture zwischen Arctic Cat und Kymco besteht schon seit Jahren. Und nicht umsonst hat sich Arctic Cat den Partner Kymco ausgesucht. Die Qualität und das entsprechende Management dazu stimmt. Das hat auch der deutsche Traditionshersteller BMW mit seiner Zweiradschiene längst erkannt und lässt bei Kymco Motoren für die blau-weißen Bikes fertigen. Doch zurück zum 350er Modell. Na, dann mal los.

Motor
Die Motor- und CVT-Abstimmung der 350er ist eigentlich auf viel Drehmoment von unten heraus bis in den mittleren Drehzahlbereich hinein ausgelegt. Pech nur, dass das Modell in Deutschland serienmäßig nur mit der VKP-Zulassung angeboten wird. Dem eigentlich 366 ccm großen Einzylinder stehen in der leistungsoffenen LOF-Variante 26 PS zur Verfügung. Die VKP-Zulassung ist nur mit 20,4 PS ausgestattet. Im Anzug macht das einen spürbaren Unterschied. Ein kleiner, serienmäßiger, technischer Eingriff in die Vergaserwelt der Arctic Cat macht es möglich (der Eingriff lässt sich entfernen, das ATV ist dann aber ohne Betriebserlaubnis unterwegs). So ist es nicht verwunderlich, dass die 350er mit dieser Zulassung auf den ersten Testkilometern einen eher etwas schlappen Eindruck im direkten Vergleich zu den Testfahrten einst in Österreich bei der europäischen Arctic Cat Zentrale in Bischofshofen hinterlässt. Besonders auffällig ist das bei der bergigen Umgebung der Vermietstation in Butzweiler. Doch für jemanden, der das erste Mal auf einem solchen Fahrzeug unterwegs ist ist 22die gebotene Leistungsshow voll und ganz zufriedenstellend. Auf der Geraden beschleunigt das ATV auf immerhin 86 km/h laut digitaler Tachoanzeige. Mit dem GPS nachgemessen bleiben reale 78 km/h übrig. Bei 50 km/h in der Anzeige ist man tatsächlich mit 45 km/h unterwegs. Da bleibt eine kleine Geschwindigkeitsreserve gegenüber den im innerstädtischen Bereich so beliebten fest eingebauten Kameras zur Aufbesserung der leeren Stadtkassen. Im Test verbrauchte das ATV unter Volllast bei den Überlandfahrten fast genau 10 Liter/ 100 km Strecke – sicherlich eine Folge des „verstopften“ Vergasers. Ist man etwas gemütlicher unterwegs unterschreitet man den zweistelligen Bereich locker.
Wesentlich wichtiger als die maximale Geschwindigkeit für ein Vermiet-ATV ist das einfache und unkomplizierte Handling des Fahrzeugs für den Mieter – besonders im Hinblick auf einen ganztägigen unfallfreien Fahrspaß. Nimmt man Platz auf der etwas zu weich geratenen Sitzbank der Test Arctic Cat sitzt man „im“ Fahrzeug. Nicht obendrauf. Das vermittelt schon auf den ersten Metern viel Gefühl für das ATV und macht es Anfängern besonders leicht sich an das fremde Fahrverhalten zu gewöhnen. Der Fahrzeugschwerpunkt ist mit dieser Sitzposition obendrein relativ tief gelagert – eine Kippgefahr durch falsche Fahrtechnik so minimiert. Aufgrund des kurzen Radstands sowie der geringen Breite des ATVs sind keine starken Lenkkräfte von den Armen des jeweiligen Piloten gefordert. Das ist umso begrüßenswerter, da das Arctic Cat Modell 350 serienmäßig mit einer komfortablen Einzelradaufhängung ausgestattet ist. Aufgrund ihrer Funktionsweise haften die Räder bei Fahrten über Unebenheiten sowie Kurvenfahrten besonders gut auf dem Untergrund. Daraus resultierten größere Reibungswiderstände. Die werden nur moderat spürbar über die Lenkung übertragen.
Beim Großteil der ATVs werden beide Hinterräder ohne ein offenes Differential angetrieben. Das offene Differential sorgt im Gegensatz zu dem gesperrten Differential dafür, dass der unterschiedlich lange Kurvenweg des inneren und äußeren Rades ausgeglichen wird. Ist ein solches Differential nicht vorhanden findet der Ausgleich über die Gummireibung der Reifen über den befahrenen Untergrund statt. Daraus resultiert ein spürbarer Widerstand in der Lenkung, dem durch Armkraft entgegengewirkt wird soll das ATV nicht geradeaus weiterfahren, sondern eine Lenkbewegung ausführen. Je enger die Kurve genommen wird und je haftender der Untergrund (z.B. Asphalt) desto größer auch die notwendigen Lenkkräfte. Besonders für Anfänger birgt das ATV eine große Sicherheitsreserve. Wird eine Kurve aus Unerfahrenheit doch einmal zu schnell ohne angepasste Fahrtechnik (Körpergewichtsverlagerung) genommen, hebt zunächst eines der Vorderräder ab. Bei einem Starrachsenmodell würden das Hinter- als auch das Vorderrad abheben. Bei diesem Abheben nimmt man fast automatisch das Gas weg, das ATV stabilisiert sich schnell wieder. So geschehen bei den im Test absichtlich provozierten Kurvenmanövern. Die tiefe Sitzposition und der damit einhergehende tiefe Schwerpunkt des ATVs – trotz der Einzelradaufhängung – geben ein großes Sicherheitspolster.
Gerade für den Anfänger sind eine entspannte Sitzposition und hoher Fahrkomfort wichtige Faktoren, die den Fahrspaß ausmachen. Ermüdungsfrei ist das Stichwort. Und das bietet das Arctic Cat Modell. Die Einzelradaufhängung bietet auch über Asphaltflickenteppiche einen enorm großen Fahrkomfort – das hätten wir im Test von einem Einsteigerfahrzeug nicht wirklich erwartet. Der hoch platzierte Lenker sowie die angesprochene tiefe Sitzposition „im“ Fahrzeug bewirken eine aufrechte und damit entspannte Sitzhaltung. Das leichtgängige Daumengas verhindert frühzeitiges „Daumen-Aua“. Klasse!
Des Guten fasst zu viel ist die Bissigkeit der integralen Bremsanlage. Über die Fußbremse werden die drei Scheibenbremsen des ATVs gleichzeitig aktiviert. Ein leichter (wirklich nur sehr leichter) Tritt auf das Pedal wirft sofort den bissigen Bremsanker. Etwas zu viel Kraft im Fuß lässt die Räder blockieren. Für den Anfang sollte daher mit dem linken Bremshebel verzögert werden. Der spricht nur die beiden Scheiben an der Vorderachse an. Der rechte Bremshebel aktiviert die Feststellbremse zum Abstellen des ATVs.
Im Vermietbetrieb ist ein Einsatz abseits der Straße im Gelände bei Frank Kreißl per Klausel im Vermietvertrag ausgeschlossen. Für Interessenten, die aber das Arctic Cat ATV in ihre engere Wahl als Einsteigerfahrzeug ziehen, sind wir mit dem Testmodell auch Offroad unterwegs gewesen – mit Einverständnis des Eigentümers, versteht sich.

Die Sache mit dem fehlenden Differential an der Hinterachse wird nach den Regenfällen der letzten Wochen in unserem Testgelände schnell klar. Mit offenem Differential wäre das ATV bei den herrschenden nassen Bodenverhältnissen ruckzuck mit dem Vorwärtstrieb am Ende. So aber schiebt es sich selbst bei quitschnassem Schlamm munter durchs Gelände – so lange man genügend Schwung hat. Das Ablassen des Reifendrucks auf 0,3 bar bewirkt eine enorme Verbesserung des Bodenkontakts der Antriebsräder. Anfahren allerdings im schlammigen Hang – das geht auch so nicht. Dennoch: Es ist immer wieder erstaunlich wie weit es ein ATV mit „nur“ Heckantrieb schafft.
Wird es etwas kniffliger beim Offroaden oder wird das Fahrzeug zum Ziehen von Lasten eingesetzt kann das Getriebe über den sehr leicht schaltbaren Wahlhebel untersetzt werden. So schont man den Antriebsriemen und sorgt gleichzeitig für gut kontrollierbare Traktion. Auch bei diesem Einsatz sorgt die kombinierte Luft-/Ölkühlung für moderate Triebwerkstemperaturen. Bei Bergabfahrten ist eine ausreichende Motorbremswirkung zu verzeichnen. Die wird, da es sich um ein 4×2 ATV handelt, natürlich nur über die beiden Hinterräder auf den Boden übertragen.

Fazit:
Das Arctic Cat Modell 350 ist in jeder Hinsicht in der Vermietung ein Volltreffer. Das einfache und kraftschonende Handling kommt besonders Mietkunden mit keiner oder geringer ATV-Fahrerfahrung zugute. Die Sitzposition: Tipptopp. Darüber hinaus bietet die „Rundum-Kunststoffverkleidung“ viel Schutz vor Regenwasser auf der Fahrbahn – dem Piloten wie dem Sozius, denn das ATV ist serienmäßig mit einer Zweipersonenzulassung versehen. Auch beim Geländeeinsatz birgt das „kleine“ ATV ein hohes Spaßpotential. Demnächst wird es das Modell AC 350 auch in der Allradvariante geben.●

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