Test Kymco MXU 450 4×4

Wer ein Quad oder ATV in der mittleren Preis- und Kubikklasse sucht wird häufig bei Kymco fündig. Seit vielen Jahren hat sich der taiwanische Konzern bei europäischen und neuerdings auch bei US-amerikanischen ATVlern einen Namen mit dem Modell 500 MXU gemacht. Bezahlbar, robust und in Deutschland immer auch mit werksseitiger Straßenumrüstung. Doch das Modell 450i ist auch nicht von schlechten Eltern. Kurz nach der Präsentation der neuen MXU-Modelle 550 und 700 rückt dieses ATV mehr und mehr in den Mittelpunkt. Wir gehen davon aus, dass es den Platz des Modells MXU 500, wenn es auslaufen wird, nach und nach ersetzten wird.Bilder vom Test gibt es HIER ab Seite 12

Eine der wohl schönsten Teststrecken, die wir immer wieder besuchen, ist die des MSC Stiftlands in der Nähe des Ortes Mitterteich. Eigentlich eine Motorcrosspiste doch in den umliegenden Wald ist eine Endurostrecke gelegt worden, die es in sich hat – besonders dann wenn es tagelang vorher geregnet hat. Doch da muss die MXU 450i durch. Das im Test verwendete Modell  ist mit offener Leistung gefahren worden. Die werksseitige Kymco Umrüstung für die LOF-Zulassung (verbreiterte Kunststoffschützer über den Radkästen vorne und verlängerte hinten) fehlte an unserem Testmodell, ebenso die serienmäßige Seilwinde.

Die Vorgehensweise des Tests war wie üblich geplant. Standfotos solange das ATV noch halbwegs sauber ist, Straßentestfotos und dann ab ins Gelände. Besonders bemerkenswert ist für uns bei Kymco die stimmige Höchstgeschwindigkeitsangabe auf der Webseite zu jedem Quad und ATV. Unser GPS zeigt nichts anderes als die dort aufgeführte 87 km/h Vmax. Der Tacho spuckt bei dieser echten Geschwindigkeit 92 km/h aus. Schneller geht es selbst bergab nicht auf den umliegenden Straßen um Mitterteich. Der Motor wird über den Drehzahlbegrenzer abgeriegelt – der Langlebigkeit des Motors zur Liebe. Bis zu einem gewissen Punkt beschleunigt das ATV über die CVT-Automatik. Ist die an der Maximalstellung angekommen, geht es schneller nur noch mit steigender Drehzahl. Ist dabei die Maximaldrehzahl erreicht, regelt der Motor ab. Das ATV beginnt zu stottern, als hätte es keinen Sprit mehr.
Der Einzylindermotor mit elektronischer Benzineinspritzung, 443 Kubik Hubraum und 30 PS Leistung ist weder eine Rakete noch kommt er mit dem Gewicht der MXU 450i – immerhin fahrfertig 320 kg – nicht zurecht. Beim Beschleunigen aus dem Stand zieht die Kymco hurtig nach vorne. Die elektronische Benzineinspritzung macht sich bemerkbar. Ab 70 km/h tut sie sich dann schwerer die Höchstgeschwindigkeit von 87 km/h zu erreichen. Der Allradantrieb lässt sich selbst bei diesen Geschwindigkeiten problemlos zu- und abschalten, solange man nicht unter Last fährt. Die Sitzposition ist sehr angenehm aufrecht – lange Touren sind somit kein Problem. Der Sitz ist etwas zu weich geraten, die Federung dafür ein sehr gelungener Kompromiss zwischen Härte für die Straße und genügend Federreserven im Gelände, wie sich später herausstellen soll. Der Geradeauslauf ist tadellos, egal bei welcher Geschwindigkeit. Das Kunststoffkleid schützt auch im Fußraum gut vor der Straßennässe. Unzufrieden sind wir mit der integralen Bremsanlage. Die fühlt sich teigig an. Besonders wenn man nur die Fußbremse tritt, gibt es kein ausreichendes Feedback von den drei Scheibenbremsen. Die hintere neigt obendrein dazu, nicht rechtzeitig zu lösen. So wird das ATV im Test länger gebremst als gewollt. Wie gesagt, es fehlt uns ein eindeutiges Feedback der Scheibenbremsen. Über die beiden Bremshebel am Lenker sieht die Sache schon besser aus. Doch wo sind die gewohnt bissigen Kymco Scheibenbremsen, die wir in vielen Tests der letzten Jahre so hoch gelobt haben? An diesem MXU 450i Modell auf jeden Fall nicht.
Kymco wählt gewichtsarme Alufelgen, die mit Kenda Pathfinder Reifen bestückt sind. Die liegen satt auf der Straße. Dort wo es kurvig, nass und mit hohem Tempo durch scharfe Kurven geht  tendieren die Pneus allerdings vorne zu untersteuern sprich das ATV radiert über die Vorderräder.
Die Geländefahrt ist dran. Dafür wurde das ATV ursprünglich konstruiert und ist daher mit einer Einzelradaufhängung ausgestattet. Die durchgehende Bodenfreiheit von 25cm in der Mitte wird in Mitterteich auf den Enduropfaden auf die Probe gestellt. Viele kleine Baumstümpfe ragen noch von den letzten Motorsägearbeiten aus dem Boden. Für die Zweiräder eher kein Problem doch ATVs – mit dem Quad ist es nicht ratsam momentan hier auf den Pfaden zu fahren – kommen an die Grenze ihrer Bodenfreiheit. Selbst mit den 25 Zentimetern wird es manchmal sehr knapp. Der Regen der letzten Tage hat das komplette Gelände aufgeweicht. Wichtig sind jetzt nicht nur der Allradantrieb, sondern auch entsprechend profilierte Reifen. Für Hardcore Mudding braucht man sicherlich, wie bei allen ATVs in der Standardbereifung, wesentlich  gröberes Profil, doch die Kendareifen der MXU überraschen positiv. In Zusammenarbeit mit dem 4×4 meistern sie sowohl die vermatschte Crosspiste als auch die tiefen Matschpfützen auf der Endurostrecke mit Bravour. Wie schon auf der Straße lässt sich der Allradantrieb auch während der Fahrt hier bei Bedarf einfach per Knopfdruck zuschalten. Besonders auf den engen Pfaden kann die MXU 450i ihre Stärken mit den kompakten Abmaßen und der guten Handlichkeit ausspielen. Ist der Motor auf der Straße nicht der schnellste, kann er doch mit seinem für die Größe kräftigen Anzug aus allen Kehren heraus punkten. Mehr PS braucht es nur auf den Runden durch den zähen Schlamm auf der Crosspiste.
Ob im Wald oder über Buckelpisten, die Federung schluckt einiges aufgrund ihrer Straffheit bei schnellem Tempo weg. Für den sportlichen Einsatz ist sie allerdings nicht wirklich geeignet. Ist man gemütlich unterwegs ist sie im Gelände etwas zu hart. Hier hilft nur noch den Luftdruck etwas ablassen. Ein Druck von 0,3 bar bringt eine spürbare Verbesserung des Sitzkomforts über Stock  und Stein.
Fazit
Wer auf der Suche nach einem Universal-ATV der Mittelklasse ist wird bei der Kymco MXU 450i fündig. Ob Straßen-  oder Geländeeinsatz, die Kymco ist auf beiden Terrainarten gut zu gebrauchen. Nirgendwo außergewöhnlich hervorstechend doch der Preis von 6.999.- Euro für eine werksseitig umgerüstete LOF-Version mit offener Leistung und Seilwinde geht für die gebotene „Testvorstellung“ voll in Ordnung. Wer größere Fahrzeugmaße und einen um 7 km/h schnelleren Topspeed haben will, kann für zusätzliche 700 Euro die MXU 500 4×4 IRS ordern. Hier findet auch eine zweite Person bequemer Platz.●

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